Wie sich die Aktion Mensch Stück für Stück von der digitalen Barrierefreiheit verabschiedet hat

Die Aktion Mensch hat, was digitale Barrierefreiheit angeht, in den letzten 15 Jahren einen traurigen Niedergang erlebt. Dieser Niedergang hat damit, dass man mit der Mikroförderung einen deutschen Overlay-Anbieter und damit dese Gebahren fördert seinen Höhepunkt erreicht. Aber von Anfang an.


BIENE und Einfach für alle

Bis 2010 ist man an der Aktion Mensch nicht vorbei gekommen, wenn es um digitale Barrierefreiheit ging. Einfach für alle war das größte unabhängige Informationsportal für digitale Barrierefreiheit. Der BIENE-Wetbewerb war das Klassentreffen aller Akteure der digitalen Barrierefreiheit. Gewiss kann man viel kritisieren, das kann man immer, aber es gibt keinen Zweifel daran, dass die Aktion Mensch der größte unabhängige Akteur war. 


2010 wurde der BIENE-Wettbewerb pausiert, so wie ABBA eine Paus eingelegt hat. Man hat das Projekt nach ein paar wenig ambitionierten Überlegungen ohne große Kommunikation begraben. Meines Erachtens war es das geringe Interesse der Geschäftsführung, was zum Einschlafen des Projektes führte.


Einfach für alle wurde mehr oder weniger mitgeschleppt. Ein paar Inhalte wurden nach 2010 noch hinzugefügt, aber im Grunde wurde das Portal seit dem nicht mehr aktualisiert und verlor nach und nach an Relevanz. Bis es dann vor einigen Jahren ebenfalls ohne große Kommunikation eingestellt wurde.


Die traurigen Überreste 


Auf dem eigenen Hauptportal aktion-mensch.de wurden ein paar wenig relevante Artikel eingestellt und weiter gepflegt. Die Aktion Mensch zehrt noch von ihrem früheren Ruf, deswegen sind die Beiträge noch recht gut bei Google zu finden. 


Aus fachlciher Sicht sind die Artikel nicht falsch, aber oberflächlich.


Der Tiefpunkt: Studien und Overlays


Den bisherigen Tiefpunkt erreichte die Aktion Mensch, als sie anfing, einen deutschen Overlay-Anbieter zu fördern. Statt die eigene Website barrierefrei zu machen, sollen die geförderten Organisationen "übergangsweise" ein Overlay einsetzen. Selbiger wirbt jetzt bei Vereinen damit, dass die Aktion Mensch ihren Einsatz fördert.


Dieser Overlay-Anbieter ist für seine rüden Verkaufsmethoden, seine fragwürdigen Akquise-Maßnahmen und seine falschen Aussagen zu digitaler Barrierefreiheit bekannt. Zum Beispiel werden gezielt kleine Organisationen angesprochen, die eine Förderung bekommen können, aber nach aktuellen Gesetzen nicht barrierefrei sein müssen. Wobei ihnen suggeriert wird, ihre Website könnte abgeschaltet werden und das Overlay würde sie davor schützen. 


Das alles ist der Aktion Mensch bekannt. Dennoch fördert sie den Einsatz des Overlays, dessen Firma damit ein gutes Geschäft macht. Ich habe es sogar zwischendurch auf der Kontaktseite der Aktion Mensch gesehen. 


Bleibt die letzte große Aktivität: Eine Studie zur Barrierefreiheit von Onlineshops mit Google und der Pfennigparade. Dass die Pfennigparade auch ein Dienstleister ist und somit nicht neutral sein kann, interessiert die Aktion Mensch wenig. Hauptsache, man kann mit Google zusammenarbeiten und bekommt damit viel PR. Darum geht es im Grunde, viel PR für vermutlich relativ wenig Geld.


Den eigenen Shop außen vor gelassen


Der letzte traurige Witz ist, dass die Aktion Mensch ihre eigene Website nicht barrierefrei bekommt. Marketing-Kampagnen, die an behinderten Menschen vorbei gehen, Cookie-Messages, die per Tastatur nicht erreicbar sind oder ein KI-Chatbot bei Familienratgeber.de, der für Blinde nicht nutzbar ist. Es ist die traurige Doppelmoral der Aktion Mensch, dass sie Anderen sagt, was sie zu tun haben: Ihren Onlineshop barrierefrei machen. Aber die eigene Website kriegen sie nicht barrierefrei, obwohl sie anders als kleine Onlineshops ein Millionen-Budget haben dürfte.  

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