Armenien und Bergkarabach - warum die Opferrolle nicht mehr zieht

Die Tatsachen sind wohlbekannt: Im Schatten von Corona und dem amerikanischen Wahlkampf hat Aserbaidschan eine Militäroffensive auf Bergkarabach gestartet. Der Mini-Staat wurde dabei logistisch und militärisch von türkischen Waffen und syrischen Söldnern unterstützt. Die defacto von Armenien abhängige Republik Bergkarabach konnte dem nichts entgegensetzen, nach wenigen Wochen war der Widerstand gebrochen und aserbaidschanische Truppen hätten an der Grenze Armeniens gestanden. Der Westen hat nichts und die Verbündeten Iran und Russland wenig getan, um Armenien zu unterstützen. Armenien versucht sich nun, als Opfer darzustellen. Allerdings funktioniert das nicht so ganz. Richtig ist, dass die Türkei einen Genozid gegen das armenische Volk begangen hat. Und ebenso richtig ist auch, dass niemand Armenien zu Hilfe gekommen ist. Russland hat erst eingegriffen, nachdem Armenien faktisch schon besiegt war und auch nur, um eine weitere Truppenpräsenz in Bergkarabach aufzubauen. Zweifellos haben beide Seiten Greueltaten und Kriegsverbrechen begangen. Es wurden armenische und aserbaidschanische Ortschaften angegriffen. Richtig ist aber auch, dass Bergkarabach mehr oder weniger zu Aserbaidschan gehört. Während man sich über den Status dieses Gebietes streiten kann war die Besetzung benachbarter Regionen durch Armenien zum Aufbau einer Pufferzone eindeutig völkerrechtswidrig. Die Vertreibung tausender von Einwohner dieser Regionen ist Armenien kein Wort wert. Insofern sollte es Armenien ein wenig schwerer fallen, sich als Opfer zu generieren. Soweit wir wissen gab es auch keinen Versuch Aserbaidschans oder der Türkei, auf armenischen Staatsboden vorzudringen. Man kann der Türkei vieles vorwerfen, aber das sie den Völkermord an den Armeniern beenden will, dafür gibt es keine Belege. Ein Angriff auf Armenien wäre von Russland und vom Iran sicherlich nicht toleriert worden, da es eine drastische Verschiebung der Machtverhältnisse hätte bedeuten können. Armenien hat in den letzten 30 Jahren die Chance verschenkt, den Konflikt friedlich beizulegen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt. Interessant ist, dass Armenien in den westlichen Massenmedien gerne als Opfer dargestellt wird. Wer aber hat die Aserbaidschaner interviewt, die vormals aus ihrer Heimat aus Bergkarabach von den Armeniern vertrieben wurden?

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