Juan Moreno vs. Claas Relotius - die unerzählte Geschichte

Juan Moreno hat mehr oder weniger den Fälscher Claas Relotius enttarnt. Ebenso interessant wie diese Geschichte ist jedoch ein wenig beleuteter Fakt: Moreno ist ein Arbeiterkind, Relotius ein Akademikerkind. Egal, mag man denken, schließlich haben beide studiert. Leider ist es nicht egal. Man kann die Geschichte nämlich mit unterschiedlichen Konstellationen durchspielen und dann wäre sie anders verlaufen: Denn die Haupt-Verantwortlichen dafür, dass Claas Relotius solange faken konnte waren Matthias Geyer und Ulrich Fichtner. Beide ihres Zeichens reinrassige Akademiker aus dem besten Bürgertum. Mit anderen Worten, Claas Relotius, Fichtner und Geyer stammten aus der gleichen Klasse. Moreno nicht. Spielen wir das Spiel einmal durch: Moreno und Relotius beide aus der gleichen Klasse, Moreno wäre sagen wir das Kind spanischer Diplomaten Moreno Akademiker und Relotius Arbeiterkind Moreno und Relotius, beide arbeiterkinder Wären beide Arbeiterkinder, wäre Relotius nie soweit gekommen. Wahrscheinlich wäre er gar nicht Journalist geworden, sondern Kamermann oder Tontechniker. Hätte er doch den Weg des Journalisten gewählt, wäre er bald aufgeflogen. Wäre er nicht aufgeflogen, häten Geyer und Fichtner ihn nicht beim Spiegel eingestellt. Warum nicht? Weil ein Akademikerkind aus gutbürgerlichem Hause mit einem guten Vertrauensvorschuss startet. Wahrscheinlich wäre Relotius ohne seine Herkunft ein einfacher Schreiberling oder Redakteur geblieben. Relotius hätte gar nicht den Mut gehabt, solche Fläschungen zu fabrizieren, denn er hätte ständig Angst gehabt, dass er auffliegt. Einem Arbeiterkind wird ständig auf die Finger geschaut. Doch nehmen wir einmal an, Moreno wäre Akademiker wie Relotius. Geyer und Fichtner hätten Moreno viel früher ernst genommen und Relotius wäre recht bald aufgeflogen. So ist die Geschichte Relotius Moreno auch eine Geschichte darüber, wie stark der Klassendünkel in Deutschland noch verankert ist.

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