Markus Söder - vom Shootingstar zum Vollversager

In den letzten Jahren gab es wenige Karrieren wie diese. Markus Söder, den selbst ihm Wohlgesinnte für einen Opportunisten und Selbst-Inszenierer erster Güte halten, hat es fast nach ganz oben geschafft und ist dort gelandet, wo er hingehört, in Bayern.
Wie bei den Klingonen auch ist in der CSU der Königsmord die einzige Art, an die Spitze zu gelangen. Der glücklose Beckstein wurde von Seehofer erledigt, Beckstein hatte Stoiber erledigt, und Söder schließlich Seehofer.
Bei Söder zeigt sich einmal mehr, dass bayerische Spitzenpolitiker auf der Bundesebene bestenfalls Mittelmaß sind: An welchen CSU-Politiker erinnern Sie sich, der in der Bundesregierung nennenswertes geleistet hat: Jung, Scheuer, Seehofer, Guttenberg - alles Versager auf ganzer Linie. Von einigen kann man zumindest sagen, dass sie nicht so viel Schaden angerichtet haben, etwa vom Entwicklungsminister Müller.
Aber zurück zu Söder. Es gibt zwei Dinge, die alle Spitzenpolitiker brauchen: Den Hang zur Selbst-Inszenierung und das Schmieden von Netzwerken. Letzteres ist notwendig, um innerhalb der Partei aufzusteigen. Beides beherrscht Söder meisterhaft. Darüber hinaus hat Söder sehr viel Symbolpolitik gemacht. Er inszeniert sich als Vorkämpfer gegen Corona, als besser als die Grünen, als Flüchtlingskritiker, als Ober-Christ mit seiner Kreuz-Aktion - alles heiße Luft, wie man heute sieht.
Doch sein größtes Versagen und Fehlurteil begann, als er sich selbst zum Bundeskanzler-Kandidaten gegen den Willen der CDU machen wollte. Man muss hier einfach feststellen, dass Söder über kein politisches Urteilsvermögen verfügt. Hat er wirklich geglaubt, außerhalb von Bayern genügend Stimmen einsammeln zu können, um Bundeskanzler zu werden? Bleibt sein zweiter großer Fehler, der ihn als Charakter-Schwein offenbarte: Die ständigen Sticheleien gegen Laschet und dessen Kampagne. Das offenbarte Söder als schlechten Verlierer, als eitlen Menschen, der eine Niederlage nicht sportlich nehmen konnte. Es kann als sicher gelten, dass Söders und der CSU Verhalten die Union einige vielleicht entscheidende Prozente gekostet hat. Dabei war immer klar, dass zwar viele CDU-ler Söder unterstützen, aber vor allem, weil sie ihm bessere Chancen voraussagten als Laschet - auch ein Fehlurteil, wie ich meine. Die guten Werte hätten sich spätestens im Herbst in Luft aufgelöst.
Das Dumme ist, dass Söder sich damit auch selbst aus dem Spiel für höhere Weihen genommen hat. Hätte er die Kampagne der Union unterstützt oder zumindest einfach die Füße still gehalten, wäre er als Fair Player in der Lage gewesen, in 4 oder acht Jahren mit reichlich Vorbereitung im Konsens als Kandidat mit guten Gewinnchancen anzutreten. Die CDU und die Bürger werden nicht vergessen, wie Söder sich dem Spitzenkandidaten selbst nach der Bundestagswahl gegenüber verhalten hat. Tatsächlich wäre ich nicht überrascht, wenn es ihm die Wahl in Bayern kosten könnte.
Am Ende scheint er es dann doch begriffen zu haben. Er traute sich tatsächlich nicht mal zum Kongress der jungen Union zu fahren, wo ihm die Leviten gelesen worden wären.
Es liegt nahe anzunehmen, dass Söder auf seine eigenen hohen Umfragewerte reingefallen ist. Ansonsten lässt sich der Irrglaube, er hätte Bundeskanzler werden können sich bei ihm nicht durchgesetzt.
Es ist aber auch ein Lehrstück darüber, wie politischer Journalismus heute funktioniert. Einige Personen scheinen nicht begriffen zu haben, wie volatil Umfragewerte sind, die sich so rasch verändern. Ansonsten lässt sich Söders krasses Fehlurteil nicht erklären. Wahrscheinlich geht sein Selbstbetrug soweit, dass er selbst seine Beliebtheit so weit überschätzt.

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