Traue keiner Ernährungsstudie, die Du nicht selbst gefälscht hast

In keinem Bereich gibt es wohl soviel Unsinn wie bei der Ernährung. Die Verwirrung steigt sogar, wenn neue Ergebnisse publiziert werden. Hier erfährst Du, warum das Etikett "wissenschaftlich erforscht" oft nichts taugt.
Zunächst einmal ist es so, dass das Thema meistens nicht im Ressort Wissenschaft sondern unter Service auftaucht. In der Wissenschaftsabteilung arbeiten oft Redakteure, die ein natur- oder sozialwissenschaftliches Studium abgeschlossen haben. Das heißt nicht, dass sie sich automatisch mit Ernährung auskennen. Aber zumindest sollten sie in der Lage sein, Studien zu lesen. Im Service-Bereich arbeiten Redakteure, die selten vom Fach sind und fast immer Artikel mit hoher Schlag- und Klickzahl erstellen müssen. Man mixe eine Pressemitteilung mit einem Intro zu einem aktuellen Anlass, streut noch zwei, drei Phasen ein, packt eine knackige Überschrift drauf, fertig ist der Artikel. Die Redakteure haben meistens keine Zeit und auch nicht das fachliche Können, die Studien zu lesen.
Der Goldstandard in der Ernährungsforschung ist die Doppelblind-Studie. Dazu werden Personen in zwei Gruppen eingeteilt: Die eine tut etwas bzw. bekommt twas, die andere tut es nicht bzw. bekommt ein Placebo. Doppelblind heißt, dass weder die Forscher noch die Beteiligten wissen, wer das Placebo bekommt. Außerdem sollte die Gruppe in der Regel möglichst zufällig zusammengemixt sein.
Solche Studien sind aufwendig und teuer. Bei Ernährung ist zusätzlich das Problem, dass manche der Anforderungen nicht durchzuhalten sind. Zum Beispiel können manche Menschen das unterbrochene Fasten nicht lange genug durchhalten. Oder sie vergessen, die Pille zu nehmen, den Liter Wasser zu trinken oder das Gemüse zu essen.
Hinzu kommt die Herausforderung der unterschiedlichen Physiologie und Genetik. Nimmt man jetzt Deutsche, Männer, in welchem Alter, übergewichtig, schlan oder dünn und so weiter. Je nach Studiendesign und Erkenntnis-Interesse bräuchte man Dutzende, vielleicht hunderte von Kandidaten, weil zwischendurch auch Leute abspringen, versterben oder wegziehen.
Die zweitbeste Studienmöglichkeit sind Langzeitbeobachtungen. Davon gibt es eine ganze Reihe von Studien mit interessanten Erkenntnissen. Hier gibt es die Herausforderung, dass die Beteiligten häufig Befragungen etwa nach dem beantworten müssen, wie viel Sport sie gemacht haben (wobei sie häufig übertreiben) oder was und wie viel sie gegessen haben (wobei sie häufig untertreiben).
Die meisten anderen Studiendesigns am Menschen sind Quatsch. Eine Studie ohne Kontrollgruppe, da könnte man ebenso gut raten. Also wird vor allem an Tieren geforscht, vor allem an Ratten und Mäusen. Allerdings sind die meisten Menschen weder Ratten noch Mäuse. Es mag einige Gemeinsamkeiten in der Physiologie geben. Am Ende sind sie aber Nagetiere und die Menschen sind Säugetiere. Wir haben also wahrscheinlich mehr mit Schweinen oder Affen gemeinsam, wobei hier aus Platz- und Tierschutzgründen die Forschung Abstand genommen hat.
Halten wir also fest, dass die meisten "Erkennnisse" an Tieren gewonnen werden, die mit uns relativ wenig gemein haben. Im Endeffekt ist es so, dass das Meiste an Erkenntnissen in der Zwischenzeit als falsch bzw. nicht erwiesen gilt. Beispiele gefällig? Es gibt keine Erkenntnisse dazu, dass Autophagie beim Menschen funktioniert. Omega 3 hat keine positiven Auswirkungen auf Entzündungen. Die meisten Aussagen zu isolierten Extrakten wie Katechine haben keine positive Wirkung.
Leider kann man das Meiste, was in Populärmaagazinen erscheint bestenfalls unter Science Junk abheften. Irgendwer, der ein Interesse an dem Verkauf des Produkts hat hat irgendeine Klitsche mit einer billig gemachten Studie beauftragt, die Ergebnisse stehen natürlich vorher fest. Die PR-Abteilung bastelt eine Pressemitteilung mit den üblichen Schlagworten zusammen. Fertig ist der Science Junk. Leider ist keine Verbesserung zu erwarten. 

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