Wie nachhaltig ist das Wirtschaftswachstum in China?
China gilt als das Wirtschafswunder des 21. Jahrhunderts. Wahrscheinlich wird es in wenigen Jahren die größte Volkswirtschaft der Welt. ABer wie nachhaltig ist das Wirtschaftswachstum tatsächlich?
Um die Sache einmal vom Kopf auf die Füße zu stellen: China ist noch das bevölkerungsreichste Land der Welt. Ungefähr jeder schste Mensch auf der Welt ist ein Chinese. Zudem kommt China von einem sehr niedrigen Niveau. Die europäische Kolonialzeit, der Bürgerkrieg sowie Maos Terror haben praktisch das gesamte Land in die Steinzeit katapultiert. Von so einem geringen Niveau 10 Prozent Wachstum per anno zu haben ist nun wirklich keine Kunst. Dank niedriger Löhne war man lange Zeit vor allem die Produktionsstätte für Güter, die im Westen sowie in Japan und Südkorea gefragt waren. Durch Joint Ventures konnte man außerdem Know How abschöpfen. Das Land profitiert außerdem von einer großen Bildungstradition. Allein die chinesische Schrift zu lernen verlangt den Menschen viel ab.
Dennoch bleibt der Fakt, dass Chinas Bevölkerung größer ist als der gesamte Westen, mehr als vier mal so groß als die der USA. Das heißt, selbst wenn China gleichzeiht mit den USA, ist die Wertschöpfung der US-Amerikaner immer noch vier Mal so groß.
So beispiellos ist das Wachstum tatsächlich auch nicht. Wir erinnern uns an Japan und Südkorea, die - natürlich mit einer deutlich kleineren Bevölkerung - schneller zu Wirtschaftsmächten aufgestiegen sind. Vor allem in den USA wurde über die Japaner in den 80er Jahren so diskutiert wie heute über China. Auch die UdSSR hat in den Nachkriegsjahren ein starkes Wachstum gehabt. Die Russen hatten den ersten Hund und den ersten Menschen ins Weltall geschickt, nicht der Westen. Damals galt es durchaus als möglich, dass die UdSSR den Ost-West-Konflikt gewinnen könnte. Bis in die 80er Jahre hat kaum jemand geglaubt, dass die Sowjetunion so schnell endigen könnte.
Es wird also spannend sein, wie lange china das Wachstum in diesem Tempo fortführen kann. Der Druck auf die westlichen Unternehmen steigt aus verschiedenen Gründen, sich aus dem Land zurückzuziehen. Die Corona-Krise hat gezeigt, wie volatil komplexe und auf ein Land gestützte Lieferketten sein können. China büßt auch durch sein Gebaren gegenüber anderen Staaten wie Australien an Sympathien ein.
Das Land hat sich natürlich angepasst. Es betreibt hochgradige Forschung in allen Bereichen und stärkt zum Einen den Binnen-Konsum, zum Anderen die Verbindungen zu nicht-westlichen Ländern. Die neue Seidenstraße ermöglicht neue Handelsmöglichkeiten jenseits des Westens. Da China zumindest außerhalb Südostasiens auch keine koloniale Vergangenheit hat, kann es gut mit Afrika und Lateinamerika zusammenarbeiten. Der Westen andererseits hat entweder einen schlechten Ruf wie im Nahen Osten oder seine Verbindungen vernachlässigt wie in Afrika oder Lateinamerika. Bei aller Kritik: Der Westen sieht in Afrika vor allem ein Risiko und mangelnde Zivilisation, während China und einige andere Länder auch Chancen sehen.
Möglicherweise wird man auch Arbeitskräfte aus diesen Ländern nach China holen oder Produktionsstätten dorthin verlagern. China hat ähnlich wie Japan rasend schnell die Phase des demografischen Wandels erreicht.
Ein vorläufiges Fazit: Chinas Wachstum wird in den nächsten Jahren flacher werden und gesteuert vom Staat und der Partei bleiben. Wahrscheinlich werden sie ein bestimmtes Niveau erreichen und dann halten können. Es fehlt der innovative Mittelstand wie in Europa oder die ambitionierten Startups wie in den USA und diese können solange nicht entstehen, solange die Partei und ihre Gönner die Stricke in der Hand halten. Niemand baut ein Unternehmen auf, wenn ein Parteibonze einfach vorbeikommen und es sich unter den Nagel reißen kann.
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