Timo Jung und naiv ist kein Journalist

Eines muss man Timo Jung zugute halten, er bekommt interessante Gäste und kann durch das lange Format gut auf die unterschiedlichsten Aspekte eines Themas eingehen. Allerdings ist Thilo Jung aus meiner Sicht kein Journalist und Jung & Naiv ist kein journalistisches Format. 


Das Problem beginnt damit, dass Jung seine eigene Position sehr explizit vertritt. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, aber als Interviewender sollte man seinen Gästen gegenüber grundsätzlich neutral sein. 


Das führt dazu, dass er linke oder grüne Interviewpartner nie so streng interviewt wie er es bei SPD, FDP oder halt anderen nicht dieser Richtung entsprechenden Leuten tun würde. Siehe dazu als Beispiel Claudia Kemfert, bei der er ihre Aussagen zum Ausbau von Windraft und Solaranalgen einfach stehen lässt und ihr eigentlich nur die Stichpunkte liefert. Dass Solar und Windkraft auch ökologische Probleme verursachen können, bespricht er gar nicht. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass er viele ihrer Positionen teilt, wäre es sorgfältiger, wenn er ihr auch kritische Fragen stellen würde. Ähnliches sehen wir bei Claus Weselsky, dem Chef der Lokführer-Gewerkschaft. Weselsky ist ein typisches Beispiel toxischer Männlichkeit, er hat den Größten und den Dicksten, könne man meinen. Jungs nterview zur von der GDL gegründeten Zeitarbeitsfirma klingt eher wie eine Pressekonferenz, bei der Claus Weselsky  unwidersprochen und ohne kritische Nachfragen von Seiten Jungs gegen die Konkurrenz-Gewerkschaft EVG und die Bahn herziehen kann. Man muss den Bahnvorstand nicht mögen, darum geht es nicht. Aber man sollte doch in der Lage sein, Claus Weselskys Aussagen als dessen Meinungen einzuordnen und nicht als Tatsachen. 


Das zweite große Problem von Thilo Jung ist, dass er Positionen, die er teilt unwidersprochen stehen lässt. Wenn jemand etwa sagt, er fände Vermögenssteuern und Erbschaftssteuern gut, fragt Jung nicht nach, wie diese konkret ausgestaltet werden sollten. Das wäre wichtig, weil jede Form solcher Steuern vor den obersten Gerichten landen und kassiert werden könnten. Jung folgten einem typischen linken Mainstrream, in welchem es immer darum geht, wie mehr Geld ausgegeben werden kann, ohne zu sagen, wo dieses Geld tatsächlich herkommen sollte.  


Auch wird Jung seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht. Einerseits möchte er progressive Ansichten vertreten. Andererseits wählt er als Ko-Moderator einen anderen Mann und interviewt überwiegend Männer, dass diese überwiegend alte weiße Akademiker sind, versteht sich da von selbst. 


Also nein, Jung ist kein Journalist und Jung und Naiv kein journalistisches Format. Es ist schön für Jung, dass er sein Hobby zum Beruf machen konnte und offenbar davon leben kann, aber mit Journalismus hat das nichts zu tun. 

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